Stiefelgetrampel in Europa
Im April 2021 ließ der russische Präsident Putin 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren, um sie daraufhin wieder abzuziehen. Im November, das gleiche Spiel. Am 17. Jänner 2022 beginnt die belarussische Armee gemeinsam mit der russischen mit Truppenübungen. Am selben Tag beginnt der britische Premierminister Johnson mit der Lieferung von militärischer Ausrüstung an die Ukraine. Am 19. Jänner erklärt US-Präsident Biden, Putin wolle in die Ukraine einmarschieren. Am 21. Januar stattet die amerikanische Regierung, durch Vermittlung von Polen und Litauen, die ukrainische Armee mit hoch entwickelten Waffen aus, darunter Javelin-Panzerabwehrraketen. Am 2. Februar, im Rahmen des NATO-Militärvertrags, verstärkt Biden die Anzahl der amerikanischen Truppen in Europa um 3.000 (8.500 stehen bereits in Alarmbereitschaft). Die französische und die türkische Regierung (beide NATO-Mitglieder) fungieren als Vermittler, um eine Konfrontation zu vermeiden.Ungeachtet dessen, was die russischen und chinesischen Medien verbreiten, stellt die Ukraine derzeit keine Gefahr für Russland dar. Auch wenn das US-Militär überlegen ist, will Biden heute keinen Krieg gegen Russland in Europa. Denn er führt die unter seinem Vorgänger Trump eingeleitete Ausrichtung amerikanischer Weltpolitik auf den Konflikt mit China weiter. Unterstützt durch einen Konsens zwischen den beiden großen bürgerlichen Parteien, begnügt er sich damit, mit Wirtschaftssanktionen zu drohen. Jedoch, Russland hat Vorkehrungen getroffen.
Seit 2014 haben die russischen Behörden die Kapazität ihrer Wirtschaft zur Überwindung eines möglichen gravierenden wirtschaftlichen Einbruchs erheblich erhöht, insbesondere für den Banken- und Finanzsektor. (Le Monde diplomatique, Februar 2022)
Ein Kollateralopfer der gegenseitigen Sanktionen wäre Westeuropa, das unter der Schließung des internationalen Zahlungssystems Switch leiden würde. Vor allem könnte die deutsche Wirtschaft durch einen Lieferstopp der für sie unverzichtbaren russischen Gasimporte ins Wanken geraten. Was auch immer die amerikanischen und britischen Medien kommunizieren, Russland hat nicht die Absicht, in die Rest-Ukraine? einzumarschieren und sie zu erobern. Mit seinen militärischen Manövern im Chinesischen Meer ist Mitteleuropa zu einer gefährlichen Zone geworden. Die Situation könnte außer Kontrolle geraten, in erster Linie zu Lasten der Menschen in der Ukraine und im Donbass. Johnson, Biden und Putin, alle drei versuchen, ihre interne Unbeliebtheit mit Demonstrationen nationaler Stärke auszugleichen. Rivalitäten zwischen kapitalistischen Mächten führen zu Instabilität und zu wachsenden Spannungen und bedrohen die Menschheit mehr denn je.
Der Versuch einer Einkreisung Russlands durch den US-Imperialismus
Der amerikanische Staat verteidigt nach innen und außen die Interessen seiner Bourgeoisie, er verteidigt nicht die Demokratie. Seine Verbündeten sind nicht nur oft despotisch, wie die heutigen Monarchen am Golf, nein, sie intervenierten mehr als einmal in anderen Staaten, um Regierungen zu stürzen, die ihren Interessen auf die eine oder andere Weise im Weg standen.Nach dem Zusammenbruch ihrer japanischen und deutschen Rival*innen wandten sich die USA gegen den entarteten Arbeiter*innenstaat UdSSR mit der Absicht, dort den Kapitalismus wiederherzustellen und die Ausweitung der Revolution in Asien zu unterbinden. Sie schufen militärische Blöcke, darunter den Bagdad-Pakt in Westasien und das Verteidigungsbündnis SEATO in Ostasien. Die NATO, 1949 gegründet, sollte Westeuropa vor der Bedrohung durch die UdSSR schützen. In Wirklichkeit war es die „sowjetische“ Armee, die eingriff, um die revolutionäre Gefahr zu zerschlagen (Deutschland 1953; Ungarn 1956; Tschechoslowakei 1968).
Aufgrund der Unstimmigkeiten zwischen staatlichen und nationalistischen Bürokratien konnten die Vereinigten Staaten 1949 sogar die Jugoslawien-Karte ausspielen und 1971 die China-Karte, mit dem Versuch, die UdSSR zu isolieren. Da der Sozialismus in einem einzigen Land unmöglich ist und dadurch, dass die Arbeiter*innen nicht nur von der Macht verdrängt, sondern von der stalinistischen Bürokratie niedergeschlagen wurden, war die Planwirtschaft schließlich überall dem Untergang geweiht. Die privilegierte Kaste, die unter dem militärischen Druck der Vereinigten Staaten die Macht in der UdSSR an sich gerissen und ihre Basis in der Bevölkerung verloren hatte, unterwarf sich unter Gorbatschow dem deutschen Imperialismus (indem sie 1989 die Übernahme der DDR durch die BRD akzeptierte) und dem amerikanischen Imperialismus (um die Revolution in Südafrika und Nicaragua 1990 zu vermeiden). Schließlich entschieden sich die Privilegierten 1992 unter Jelzin für den Kapitalismus, ebenso die chinesische Bürokratie, was eine Zeitlang zur Stimulierung des Weltkapitalismus beitrug. Mit dem Erstarken des chinesischen Imperialismus beschleunigte Amerika seinen Niedergang, der bereits spürbar war, als Nixon 1971 das internationale Währungssystem von Bretton-Woods beendete.
Logischerweise hätte sich die NATO auflösen müssen, als sich die UdSSR auflöste (1989-1991). Auf jeden Fall versprach Bush Gorbatschow 1990-1991, dass die NATO nicht nach Osten expandieren würde. 1999 nahm sie jedoch Ungarn, Polen und die Tschechische Republik auf und intervenierte militärisch gegen Serbien, ein Verbündeter Russlands. Dann kündigte der amerikanische Staat seine Absicht an, seinen Raketenabwehrschirm in Osteuropa zu installieren. 2002 entsandten die USA unter dem Vorwand des Terroranschlags auf seinem Territorium mit Putins Zustimmung Truppen nach Zentralasien (Tadschikistan, Kirgisistan, Usbekistan). 2008 öffnete Bush die NATO für Georgien und die Ukraine, ohne damit Begeisterungsstürme bei der ukrainischen Bevölkerung auszulösen. 2014 kollaborierten Schweden und Finnland, offiziell neutral, intensiv mit der NATO. Am 8. Jänner 2022 bestätigt US-Außenministerin Blinken, die Aufnahme der Ukraine in die NATO zu unterstützen.
Die Antwort des russischen Imperialismus
Der russische Staat verteidigt die Interessen seiner Bourgeoisie. Angesichts der schwachen Wirtschaftslage handeln die Spitzen der Regierung immer nationalistischer und klerikaler, immer weniger demokratisch. Die Regierung hat den Verein Memorial verboten. Sie verteidigt in keiner Weise nationale Minderheiten. Sie schweigt zur nationalen Unterdrückung in China oder zur Verfolgung von Muslimen in Indien, opfert die kurdische Sache in Syrien, sobald es gilt, die türkisch-islamistischen Regierung zu schonen, eignet sich die Krim ohne Rücksichtnahme auf das Schicksal der Tartar*innen und Ukrainer*innen an, negiert das Schicksal der Tschetschen*innen innerhalb der eigenen Staatsgrenzen.Die russische Bourgeoisie (hervorgegangen aus öffentliches Eigentum plündernden Oligarchen und aus erfolgreichen Mafiosi) wurde unter Jelzin zuerst Opfer der Überlegenheit ihrer amerikanischen und europäischen Rivalen, die schnell die Volkswirtschaften Osteuropas, die wieder kapitalistisch geworden waren, eroberten. Aufgrund der Größe des Landes, seiner natürlichen Ressourcen, seines technischen Standards und Ausbildungsniveaus, seines militärischen Potenzials gelang es jedoch der Ausbeuter*innenklasse, unter der Ägide Putins (aus dem FSB hervorgegangener Ziehsohn Jelzins) ihre Unabhängigkeit gegenüber den USA, gegenüber den Nato-Staaten und auch gegenüber China zu bewahren.
Ab 1991 konnte sich Russland auf Transnistrien verlassen, dessen Bürokratie sich von Moldawien abgespaltet hatte und das vor der Wiederherstellung des Kapitalismus unabhängig geworden war. Das Referendum 2006 entschied für den Anschluss an Russland. Transnistrien, an der Westgrenze der Ukraine gelegen, beherbergt heute Tausende von russischen Soldaten.
Um dem westlichen Sog entgegenzuwirken, versuchte der junge russische Staat 1991, eine Gemeinschaft Unabhängiger Staaten zu gründen. Angesichts seines Scheiterns gründete Putin 1995 die Eurasische Wirtschaftsunion (EAEU), eine Zollunion und einen gemeinsamen Markt, der heute Armenien, Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan und Russland umfasst.
Zusammen mit China, Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan, Tadschikistan, Indien, Pakistan und Iran gründete Russland 2001 die Shanghai Cooperation Organization (SCO -Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit SOZ). 2002 schloss Russland ein Militärbündnis mit Armenien, Weißrussland, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan: die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS). Im Januar hat die OKVS der Tokajew-Regierung in Kasachstan, das seine Autonomie gegenüber den Vereinigten Staaten, Russland und China verteidigen konnte, bei der Unterdrückung eines Arbeiter*innenaufstandes geholfen. Kasachstan ist jetzt enger mit Russland verbunden.
Russland gelang es von der militärischen Unfähigkeit der Europäischen Union (die EU hat keine eigene Armee und die meisten ihrer Staaten sind Mitglieder der von den Vereinigten Staaten geführten NATO) und von den Schwierigkeiten des amerikanischen Imperialismus (Venezuela, Irak, Afghanistan…), zu profitieren und den amerikanischen Griff zu lockern. Tatsächlich gibt es in Zentralasien keine US-Militärbasis mehr. Russland blockierte auch den Beitritt Georgiens und der Ukraine zur NATO. Die russische Armee intervenierte 2008 in Georgien und verhinderte mit der Abtrennung Südossetiens und Abchasiens als eigenständige Staaten eine georgische NATO-Mitgliedschaft.
2013 versuchte Russland, die ukrainische Regierung unter Janukowitsch wieder einzugliedern, aber eine Volksbewegung gegen die Unterordnung unter die Autorität Russlands und gegen Repressionen von dieser Seite, behinderte die Operation. Entgegen dem Budapester Memorandum, das 1994 mit der Ukraine unterzeichnet wurde, fiel Putin in die Krim ein (seit den Deportationen der Tartar*innen unter Stalin mit einer russischen Bevölkerung) und schürte die Abspaltung des Donbass (größtenteils russischsprachig).
Russland rettete 2015 den Despoten Assad, bereits mithilfe des islamistischen Regimes im Iran. Im Gegenzug wurde der Militärstützpunkt in Tartous erweitert und modernisiert. Der russische Staat fasste 2020 auch in Libyen Fuß, indem er mithilfe der privaten Wagner-Miliz der ANL von Marschall Haftar gegen die GNA (Regierung der Nationalen Übereinkunft), die von der türkischen Armee und ihren aus Syrien exportierten dschihadistischen Hilfstruppen unterstützt wurde, den Rücken stärkte. 2020 musste in Belarus der Despot Lukaschenko, der bis dahin ein gewisses Gleichgewicht zwischen westlichem und russischem Imperialismus gewahrt hatte, angesichts von Volksdemonstrationen an seinen Nachbarn appellieren. Weißrussland wurde zu einem Satellitenstaat von Russland. Der russische Imperialismus versucht, dank der Söldner der Gruppe Wagner, den französischen Imperialismus in der Zentralafrikanischen Republik und in Mali zu verdrängen.
Dennoch ist der russische Staat angesichts der Schwäche seiner wirtschaftlichen Basis gezwungen, sich trotz gegenseitiger Differenzen, auf den chinesischen Imperialismus zu verlassen, um dem amerikanischen Imperialismus zu widerstehen. Daher die Erklärung von Peking vom 4. Februar, in der Putin und Xi erklärten, sie verkörperten eine „authentische Demokratie“ (sic) und wollten eine „multipolare Welt“ (d. h. eine Neuaufteilung der Welt, die nur zulasten der Vereinigten Staaten, Japans, Deutschlands, Frankreich, Großbritanniens….. gehen kann.).
Die Zerstückelung des ukrainischen bürgerlichen Staates
Die Restauration des Kapitalismus in der Ukraine verlief ähnlich wie in Russland (eine Bourgeoisie, die von Oligarchen und Gangstern abstammt, übrigens ist das Land seitdem eines der korruptesten der Welt geblieben). Zusätzlich kam es zu einem lokalen Nationalismus, der im Laufe des 20. Jahrhunderts dem deutschen Imperialismus immer in die Hände spielte (gegen die Macht der Sowjets und dann der bürokratisierten UdSSR) und oft einen antisemitischen und faschistischen Charakter annahm.Der entstehende bürgerliche Staat profitierte wie die Staaten Weißrussland und Litauen davon, dass der wiederauferstandene bürgerliche Staat Polen 1991 auf seine Ostgebiete aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg verzichtete.
Die Unabhängigkeit in den von der UdSSR geerbten Grenzen (einschließlich Donbass und Krim) wurde 1994 von Russland im Austausch für den Verzicht von Atomwaffen (ebenfalls von der UdSSR geerbt) anerkannt. Die meisten ukrainischen Staatsangehörigen waren zweisprachig (sie sprachen Ukrainisch und Russisch).
Wie Weißrussland, Kasachstan und viele andere versuchte der ukrainische bürgerliche Staat in den ersten Jahren seines Bestehens, unter Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen Verbindungen nach West und Ost, zwischen den verschiedenen imperialistischen Staaten (in seinem Fall vor allem USA, Russland, Deutschland) taktisch zu operieren. Als der ukrainische Kapitalismus von der globalen kapitalistischen Krise von 2008 erschüttert wurde – sein BIP fiel 2009 um 15 % – wurde er massiv vom westeuropäischen und russischen Imperialismus unterstützt. Die Banken wurden gerettet und das Land mit Energie zu einem günstigen Preis versorgt.
Dieses instabile Gleichgewicht geriet 2013 nicht durch die NATO-Frage ins Wanken, sondern durch die Konkurrenz zwischen zwei scheinbar wirtschaftlichen Projekten, der Europäischen Union (EU) und der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAEU). Die 1957 gegründete EU ist das fortgeschrittenste regionale Abkommen der Welt. Unter der gemeinsamen Leitung des deutschen Imperialismus (wirtschaftlich stärkster) und des französischen Imperialismus (wirtschaftlich zweitrangig, aber militärisch überlegen) brachte die EU 28 Staaten zusammen, darunter viele ehemalige Wirtschaftspartner der UdSSR (Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien, Slowakei, Tschechien), sogar Republiken, die zuvor der UdSSR (Estland, Lettland, Litauen) oder Jugoslawien (Kroatien, Slowenien) angegliedert waren.
Der 2010 gegen Timoschenko gewählte Präsident Janukowitsch wurde immer autoritärer und beendete 2013 die für die Wirtschaft im Donbass besonders nachteilige Kooperation mit der EU, um ein kurzfristig günstigeres Abkommen mit der EAEU zu treffen.
Die Ukraine amputiert von Russland, hofiert vom westlichen Imperialismus
Doch während eine Minderheit der Bevölkerung, vor allem im Südosten, damit einverstanden war, zog der Großteil der Bevölkerung, vor allem im Westen, die erste Lösung vor.Es folgten Demonstrationen, die in Kiew gewaltsam unterdrückt und zunehmend von faschistischen Gruppen instrumentalisiert wurden: PS (Rechter Sektor, eine Föderation faschistischer Gruppen) und OUN (Organisation Ukrainischer Nationalisten Banderas, eine alte Organisation, die mit dem Naziregime kollaborierte). Am Donnerstag, dem 20. Februar 2014, wurden 75 Menschen von unbekannten Schützen getötet. Janukowitsch wurde am 22. Februar von der Rada (ukrainisches Parlament) seines Amtes enthoben und floh nach Russland.
Am 23. Februar 2014 entzog die Rada dem Russischen (zusammen mit mehreren anderen Regionalsprachen, darunter Rumänisch) in 13 von 27 Regionen den Status einer Amtssprache. Sie ratifizierte eine provisorische Regierung unter Beteiligung einiger Faschisten und schließt ein Abkommen mit der EU ab.
Der russische Imperialismus revanchierte sich, indem er die Krim am 27. Februar annektierte und mit allen Mitteln den Aufstand prorussischer Separatist*innen (unter ihnen ebenfalls Mafiosi und Faschisten) in der Ostukraine unterstützte. Die Ostukraine ist nach Kiew die am dichtesten besiedelten Region, die aus einer Minderheit an russischstämmiger und aus einer Mehrheit an russischsprachigen Einwohnern besteht. Ein Teil der Regionen Donezk und Lugansk wurden im Mai 2014 nach umstrittenen Referenden zu unabhängigen Republiken (DNR und LNR) erklärt.
Da die ukrainische Armee für die Konfrontation mit ihren Mitbürgern schlecht gerüstet war, schuf die Regierung eine Nationalgarde gegen die Separatist*innen. Die Nationalgarde wird von „Freiwilligeneinheiten“ unterstützt, darunter das Donbass-Bataillon, das Dnipro-Bataillon (einschließlich amerikanischer Söldner und PS-Faschisten), das Aidar-Bataillon (eine Mischung aus Banditen und Faschisten), das Dzhokhar Dudayev-Bataillon (bestehend aus tschetschenischen Islamisten), die Georgische Legion (ein Name, der 1941 von georgischen Hilfstruppen der deutschen Armee übernommen worden war), das Asow-Bataillon (bestehend aus Nazis aus mehreren Ländern), das OUN-Bataillon, das PS-Bataillon …
Am 5. September 2014 unterzeichneten die Vertreter der Ukraine, Russlands, der Volksrepublik Donezk und der Volksrepublik Lugansk auf Druck Frankreichs und Deutschlands das Minsker Abkommen, das die Beendigung der Feindseligkeiten, die Einführung des Föderalismus und die Freilassung aller Gefangenen und eine Amnestie vorsah. Der Konflikt hat an Intensität abgenommen, aber kein Ende gefunden. Die Annexion der Krim und der Bürgerkrieg vertrieben 1,5 Millionen Menschen. Der Konflikt forderte fast 8.000 Todesopfer.
Der russische Staat hat seinerseits die Gründer der „Volksrepubliken“ beseitigt: Bolotov (LNR) trat im August 2014 zurück und Sachartschenko (DNR) wurde im August 2018 Opfer eines Anschlags. Seit 2014 wurden auf der Krim 230 Menschen (darunter etwa 160 Tataren) aus politischen Gründen inhaftiert. Der russische Staat hat die Medjli, die Versammlung der Tataren, verboten. Den Repräsentanten der Gemeinschaft wurde der Zugang verweigert. Seit der Annexion dürfen die Tataren ihre Kundgebung am 18. Mai zum Gedenken an die Deportation ihrer Vorfahren durch Stalin nicht mehr veranstalten. Der russische Staat bewaffnet die separatistischen Truppen, unterstützt sie durch geheimdienstliche Aufklärung und führt einen permanenten Cyber-Guerillakrieg gegen die Ukraine.
Im Oktober 2014 erhielten die drei faschistischen Parteien bei den Parlamentswahlen (ohne die Krim und den größten Teil des Donbass) nur 10 % der Stimmen. Die Kiewer Regierung, der keine Faschisten mehr angehören, hat sich nicht bereit erklärt, dem Donbass Autonomie zu gewähren. Sie säuberte den Staatsapparat von seinen vielen pro-russischen Elementen. Sie integrierte die Freiwilligenbataillone in die offizielle Armee, auch wenn dies bedeutete, ausländischen Kämpfern die ukrainische Staatsbürgerschaft zu gewähren. Im Februar 2017 kam es zu Zusammenstößen zwischen der ukrainischen Regierung und faschistischen Bataillonen, die beschlossen hatten, die Grenze zu den Separatistengebieten zu blockieren.
Kanada, ein Mitglied der NATO, trainiert und rüstet die ukrainische Armee aus. Die in Syrien und Libyen mit Russland konfrontierte Türkei verkauft Drohnen an die Ukraine, die sich im April 2020 im siegreichen Krieg Aserbaidschans gegen Armenien bewährt haben.
Im April 2019 ließ sich Zelensky zum Präsidenten wählen und versprach ein Ende der Korruption und den Frieden. Zwar hätte er gerne den Donbass zurückerobert, aber er befürchtete auch, dass die ukrainische Armee in einen ungleichen Kampf mit der russischen Armee hineingezogen worden wäre, währenddessen Biden sie im Stich gelassen hätte. Deshalb fordert er Putin auf, „Schritte zu unternehmen“ und seine Verbündeten „keine Panik auszulösen“.
Die Wahrscheinlichkeit des Angriffs besteht, sie ist nicht verschwunden, und sie war im Jahr 2021 nicht weniger bedrohlich, aber wir sehen keine größere Eskalation als im letzten Jahr. Wir brauchen diese Panik nicht. (Volodymyr Selenskyj, Pressekonferenz, 28. Januar 2022)
Die Aufgabe der Arbeiter*innenbewegung
Unter den Demonstranten in Kiew und im Donbass 2014, unter den Demonstranten und Streikenden in Belarus 2021 waren wohl viele Arbeiter*innen, aber sie hatten kein Instrument, mit dem sie kämpfen konnten, keine eigene Partei. Sie waren gespalten, untereinander zerstritten und fanden sich, einer wie der andere, als Werkzeuge lokaler bürgerlicher Kräfte, ihrer eigenen Ausbeuter*innen wieder, zermahlen im Kampf zwischen den imperialistischen Mächten, die die Welt in den Untergang führen.Anderswo haben sich die aus der Arbeiter*innenklasse stammenden Organisationen, anstatt einen unabhängigen, revolutionären und internationalistischen Weg einzuschlagen, verbündet und verbünden sich heute noch, entweder mit der russischen Bourgeoisie oder mit der westlichen Bourgeoisie. Das Problem ist weder, dass der Donbass militärisch schwächer ist als die Ukraine, noch dass die Ukraine schwächer als Russland ist, noch dass Russland schwächer als die Vereinigten Staaten ist. Es stellt sich die Frage nach der Teilung der Welt zwischen imperialistischen Mächten, die die Last des Militarismus auf dem Rücken der Produzent*innen und ein enormes Potenzial an konterrevolutionären und zerstörerischen Kräften mit sich bringt. Der faulende Kapitalismus begünstigt ständig zahlreiche lokale Kriege und hat bereits zwei Weltkriege mit dem Einsatz aller verfügbaren Waffen seiner Zeit verursacht.
Die Arbeiter*innen der ganzen Ukraine müssen sich zusammenschließen, unabhängig davon, welche Sprache sie sprechen, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit, und sie müssen ihre Hand den Arbeiter*innen Polens, Russlands, Moldawiens, Weißrusslands, Rumäniens, der Slowakei, Ungarn, den Arbeiter*innen ganz Europas entgegenstrecken und sie für den gemeinsamen Kampf gewinnen. Ohne eine revolutionäre Arbeiter*inneninternationale werden die Arbeiter*innen Osteuropas und der übrigen Welt Gefangene der unentwirrbaren Verstrickung gegensätzlicher Nationalismen bleiben, die Arbeiter*innen der Welt werden weiterhin zwischen den verschiedenen Cliquen ihrer Ausbeuter*innen hin- und hergerissen werden. In der Ukraine müssen wir wie anderswo eine vom Marxismus inspirierte Partei aufbauen, die wieder an die internationalistische Tradition des Bolschewismus anknüpft.
- Einheitsfront aller Arbeiter*innenorganisationen gegen die Gefahren des interimperialistischen Krieges in Europa und Ostasien!
- Alle amerikanischen Truppen raus aus Europa! Nieder mit der Nato!
- Abzug der russischen Truppen von der Krim und der ukrainischen Grenze! Nieder mit der OVKS!
- Zurück zum sprachlichen Pluralismus auf der Krim, in der ganzen Ukraine! Respekt gegenüber den tatarischen, russischen, weißrussischen, moldauischen, jüdischen, ungarischen, rumänischen Minderheiten, den Romnja und Roma…!
- Streichung aller Schulden der Ukraine! Arbeiter*innenkontrolle! Enteignung der kapitalistischen Gruppen der Ukraine, einschließlich des Donbass! Auflösung der ukrainischen und sezessionistischen Armeen durch Bewaffnung der Arbeiter*innen! Arbeiter*innenregierung!
- Weder nationale Zersplitterung, noch Europäische Union, noch Eurasische Wirtschaftsunion: Vereinigte Sozialistische Staaten von Europa!