Die europäischen Bourgeoisien sind unfähig, Europa in der Epoche des kapitalistischen Niedergangs zu vereinigen, während sie in der Epoche des aufstrebenden Kapitalismus in der Lage waren, Deutschland, Italien und die Vereinigten Staaten von Amerika zu vereinen. Der geplante Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, die ein Versuch der beiden wichtigsten Bourgeoisien des Kontinents – jener von Deutschland und von Frankreich – war, die Enge der Grenzen zu überwinden, legt dafür Zeugnis ab.
Ein reaktionäres Ereignis
Zuerst hatte die britische Regierung angesichts der im Jahr 1957 von sechs Staaten getroffenen Entscheidung für einen gemeinsamen Markt (Freihandel und gemeinsame Zolltarife), der zuerst EWG, später EU genannt wurde, versucht, diesen im Jahr 1960 durch ein Freihandelsabkommen (EFTA) zu torpedieren. Danach spaltete sich die britische Bourgeoisie über diese Frage. Die dem Kontinent zugewandten Gruppierungen (und die „City“, also die Londoner Börse) neigten dazu, der EWG beizutreten, was sich auf der politischen Ebene in der Liberalen Partei (jetzt umbenannt in Liberaldemokraten) und der Mehrheit der „Tories“ (konservative Partei) widerspiegelte. Die meisten kleinen Unternehmen (und auf andere Kontinente fokussierte Kapitalgruppen) waren eher dagegen. Hinter den Kulissen des Staates, der politischen Parteien, der Medien und Universitäten konnte das Großkapital den Sieg über die kleineren Kapitalisten erringen, so dass das Vereinigte Königreich 1963 um die Aufnahme in die EWG ersuchte.
Zunächst dachte das Vereinigte Königreich, dass es seine besondere Beziehung mit den USA und mit dem Commonwealth beibehalten würde. Zweitens dachte das Vereinigte Königreich, dass es seine Rolle als Weltmacht erhalten könne… Aufgrund dieser und anderer Differenzen, zog sich Großbritannien von den Verhandlungen zurück.. Als Reaktion auf die Gründung der EWG bildete das Vereinigte Königreich, gemeinsam mit Norwegen, Schweden, Dänemark und Österreich eine Freihandelszone. (Guglielmo Carchedi, Für ein anderes Europa, 2001, Kap. 1)
Das Vereinigte Königreich trat 1973 bei, als die französische Regierung, die das Beitrittsansuchen lange blockiert hatte, zustimmte, um ein Gegengewicht zur wachsenden Wirtschaftsmacht Deutschland zu schaffen. Andererseits weigerte sich die britische Regierung 1992, den Euro einzuführen.
Die EU mag anfangs gebildet worden sein, um Frankreich und Deutschland enger zusammen zu schweißen, aber in den späteren Jahrzehnten wurde sie zumindest eben so sehr von britischen Werten, Ideen und Entschlusskraft geprägt. Die ehrgeizige Expansion nach Osten, der stetige Aufbau eines integrierten Binnenmarkt, der Fokus auf den internationalen Handel wurden in Großbritannien initiiert. (The Economist, 2. Juli 2016)
Es war die untergeordnete Fraktion der nationalen Bourgeoisie, die durch die ausländerfeindliche UKIP vertreten wird, und die Minderheit der Konservativen Partei, die diese Entscheidung mittels eines Referendums nun zu Fall gebracht hat. Bei einer beträchtlichen Beteiligung von 72,2%, haben fast 52% der britischen Wähler am 23. Juni für den Austritt aus der Europäischen Union gestimmt. Dieses Ergebnis wird wahrscheinlich den britischen Kapitalismus in seiner Gesamtheit schädigen. Die wichtigsten Finanz- und Industriesektoren befürchten zu Recht, in Hinkunft für die Möglichkeit, Geschäfte mit anderen europäischen Ländern zu machen, teuer bezahlen zu müssen. Tatsächlich sind mehrere Alternativen möglich – die einfache Anwendung der WTO-Regeln, Sonderverträge oder bilaterale Verträge, oder ein zweitklassige Assoziationsabkommen mit dem Europäischen Wirtschaftsraum mit bestimmten Verpflichtungen, aber ohne Stimmrecht in den EU-Gremien. Auf jeden Fall ist eine Zeit der Unsicherheit angebrochen, was die Menschen, die ernsthaft ihr Kapital vermehren wollen, verabscheuen. Zudem taucht das Risiko eines Zerbrechens des Vereinigten Königkreichs mit dem Anstieg des schottischen Separatismus (und der Vereinigung Irlands) wieder auf.
Nur wenige Engländer, die am 23. Juni für den Austritt aus der Europäische Union stimmten zogen in Betracht, dass sie damit den Zerfall einer anderen Union auslösen könnten: nämlich der eigenen (The Economist, 2. Juli, 2016)
Aber der Brexit ist keineswegs ein Sieg für die Arbeiterklasse. Nur weil viele Werktätige (Arbeiter, Angestellte, Arbeitslose, Kleinhändler, Handwerker …), die Opfer der globalen kapitalistischen Krise und Deindustrialisierung (die sich aus den Entscheidungen der Kapitalisten und der Regierungen in ihren Diensten ergibt) und Opfer von Angriffen gegen das kostenlose Gesundheitssystem (NHS) geworden sind, für den Brexit gestimmt haben, macht das nicht automatisch das Ergebnis zu einer Abstimmung im Sinne der Arbeiterklasse. Viele Arbeiter und Studenten haben für den Verbleib in der EU gestimmt: London ist nicht voll von Kapitalisten und Maklern, Schottland und Nordirland noch weniger. Niemand konnte als Klasse abstimmen, im vollen Bewusstsein seiner Interessen und bereit, die Führung der Nation (oder der Nationen) zu ergreifen, alle sind einer Fraktion ihrer Ausbeuter gefolgt, die entschlossen war, Flüchtlinge und Wirtschaftsmigranten als Sündenböcke hinzustellen. Die entfesselte “Leave”-Kampagne ermutigte einen Faschisten dazu, die Labour-Abgeordnete Jo Cox zu ermorden.
In Wirklichkeit wurden die Arbeiterklasse und die Jugend Großbritanniens in die Falle gelockt, zwischen der Unterstützung für die Politik Camerons mittels der Verteidigung des Europa der Kapitalisten als besten Weg zur Begrenzung der Einwanderung und einem reaktionären Nationalismus, der alle möglichen Lügen verbreitete, zu wählen. Niemals wurde die Verantwortung der aufeinanderfolgenden bürgerlichen Regierungen für die Verschlechterungen der Lage der Arbeiter und Jugendlichen von Thatcher (Konservative) bis Blair (Labour Party) und dann bis Cameron offen bloß gelegt, nie der Klassenfeind im eigenen Land als Hauptgegner präsentiert. Einerseits lobte Cameron die Verdienste der Europäischen Union, die angeblich Wohlstand und Glück für die Werktätigen gebracht hätte, auf der anderen Seite denunzierten Johnson und Farage die “Einwanderer” als verantwortlich für das Elend der einheimischen Bevölkerung, und die Europäischen Union als den Hauptieferanten von Zuwanderern, die von Sozialleistungen lebten und Jobs stehlen. In dieser Verwirrung wurden alle Klassengrenzen verwischt, fand sich die Labour Party von Corbyn, flankiert von Left Unity, auf der gleichen Linie wie Cameron und pries die Errungenschaften der Europäischen Union an, während sich auf Seiten der UKIP nicht nur ein großer Teil der Konservativen Partei wiederfand, sondern auch verschiedene Opportunisten der Arbeiterbewegung, darunter die CPB (Kommunistische Partei Britanniens), Respect, die SWP, die SPEW (Sozialistische Partei von England und Wales/KAI-CWI) …
In der ganzen Geschichte der britischen Arbeiterbewegung gab es Druck von Seiten der Bourgeoisie auf das Proletariat … (Leo Trotzki, Wohin treibt England?, 1925, Kapitel 4)
Diese Stimmenmehrheit für den Brexit bedeutet einen zusätzlichen Erfolg für einen extremen Nationalismus, der nach und nach Europa, aber auch die ganze Welt, erobert. Das bedeutet, dass sich die Arbeiterklasse auf Grund des Widerspruchs zwischen zwei Fraktionen der Ausbeuter gespalten hat und sich Teile von ihr auf das reaktionärste Terrain begeben haben – den Hass gegen die Ausländer, die Migranten, die Wiederherstellung der “nationalen Souveränität”, das “England zuerst”. Hat nicht UKIP, sondern auch der jämmerliche Clown Boris Johnson, ein Spitzenmann der konservativen Partei und ehemaliger Bürgermeister von London, selbstgefällig das “Leave” als Brüskierung der reichen Eliten hingestellt und alle populistischen Tricks angewandt? Also diejenigen, die selbst der Bourgeoisie angehören und wohl kaum ein Problem damit haben, dass ihnen am Ende des Monats das Geld ausgeht?
Die Verstärkung der Grenzen und der Protektionismus durch ein imperialistisches Land sind ein Rückschritt, dem sich das Proletariat nicht anschließen darf. Sie sind immer Begleiter des Militarismus und internationaler Spannungen.
In Deutschland wie in Frankreich, Italien und Rußland wurde die Umkehr zum Schutzzoll Hand in Hand mit Heeresvergrößerungen und in deren Dienste durchgeführt, als Basis des gleichzeitig begonnenen Systems des europäischen Wettrüstens erst zu Lande und dann auch zu Wasser. (Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals, 1913, Kap. 31)
Die Irrationalität der zeitgenössischen Bourgeoisie
Premierminister Cameron hatte mit dem Feuer gespielt: um dem Vormarsch der rassistischen,, ausländerfeindlichen, nationalistischen und sich faschisierenden UKIP zu begegnen, die zunehmend Wähler der konservativen Partei ansaugte, versprach er nach den Wahlen 2015 ein Referendum über den Verbleib in der EU abzuhalten, das er auch als Druckmittel verwenden wollte, um einige zusätzliche Zugeständnisse von den anderen europäischen Bourgeoisien zu erzwingen.
Und das tat er in Brüssel im vergangenen Februar, als er auf den Spuren der verstorbenen Thatcher gegen die Misswirtschaft bei den EU-Ausgaben, laxe Grenzen und viele andere Dinge wetterte, um zufrieden heimzukehren, weil er ja die britischen Interessen so gut verteidigt hatte. Er hatte in der Tat das Recht erhalten, bestimmte Sozialleistungen und Zulagen für EU-Bürger in den ersten vier Jahren nach ihrer Ansiedlung in Großbritannien nicht auszahlen zu müssen, sowie neuerliche Garantien für den „Zugang“ der Londoner Börse zur EU und das Versprechen, weitere Zugangsbeschränkungen und Normen zu lockern. Deshalb führte Cameron eine Kampagne für den Verbleib in der EU (“remain”).
Aber, ach! Der Wind, den er säte, hatte nur das Feuer geschürt, das andere entzündet hatten, und zwar nicht nur UKIP, sondern auch ein Gutteil der Konservativen Partei selbst. Es ist jedoch bemerkenswert, dass die Gewinner zunächst vor allem durch ihre Fähigkeit glänzten, vor ihrer plötzlich überwältigenden Verantwortung zu flüchten: Nigel Farage, UKIP-Vorsitzender trat sofort zurück, und Boris Johnson führte eine erbärmliche Farce auf, um ja nicht Premierminister zu werden!
Die siegreichen Leave-Kampagnenführer haben sich als ein Haufen mittelmäßiger Figuren gezeigt, die sich während der Kampagne selbst blamiert haben Lügen über aufgeblähte Budgetausgaben und türkische Migranten, bevor sie nach der Abstimmung einfach verschwanden. (The Economist, 2. Juli 2016)
Für die englische Bourgeoisie und jene des Kontinents sieht die Sache nach dieser Runde schwierig aus. Cameron weigerte sich, vor seinem Rücktritt die Verantwortung für den Austritt zu übernehmen. Er überließ diese Aufgabe der neuen Premierministerin Theresa May, die drei Tory-Anhänger des Brexit zu Ministern in der neuen Regierung ernannte: Johnson als Außenminister, Davis als EU-Austrittsminister und Fox als Minister für Aussenhandel. May möchte einerseits die wichtigste bürgerliche Partei stabilisieren und andererseits die vom Brexit Begeisterten die Verantwortung für die kommenden Schwierigkeiten tragen lassen. Die Rechtfertigung der SWP, diesem Lager beizutreten war das Ziel, Cameron zu verjagen. Aber haben die Arbeiter mit May anstelle von Cameron gewonnen?
Nachdem sie ihre Regierung gebildet hatte, traf May Merkel und Hollande, was zeigt, wer „Europa“ führt. Sie hat den Austritt immer noch nicht formalisiert. Die 27 verbleibenden Staaten sind bei den kommenden Verhandlungen mit der neuen Tory-Regierung nicht auf der gleichen Wellenlänge. Die Bourgeoisien Zentraleuropas wollen die Gelegenheit nutzen, um den Griff Deutschlands und Frankreichs zu lockern. Die deutsche Bourgeoisie, für die Großbritannien ein wichtiger Kunde ist, bleibt vorsichtig. Ihre beherrschende Stellung verleiht ihr die Rolle einer Wächterin über einen gewissen Zusammenhalt, während die anderen keine klare Linie haben. Aber sie will auch nicht durch eine zu versöhnliche Haltung andere Mitgliedsländer, vor allem im Süden und Osten Europas, zu möglichen Abenteuern ermutigen. Die französische Bourgeoisie hat kein solches Zartgefühl, sie schürt energisch das Feuer, um die englische Bourgeoisie zu schwächen, vor allem, um die City von London zu verdrängen und die Pariser Börse an ihre Stelle zu setzen. Nun ist die London Stock Exchange die Lunge des britischen Kapitalismus, die das Kapital aus aller Welt einatmet und einen Bilanzüberschuss an Dienstleistungen erzeugt, während der Saldo des Warenhandels stark defizitär ist.
London verfügt über 250 ausländische Banken und 200 ausländische Rechtsanwaltsaltskanzleien … Die Hauptsorge ist, dass die Finanzinstitute nicht mehr der gesamten EU dienen können, wenn – vermutlich zwei Jahre nach Beginn der Austrittsverhandlungen – England die EU verlassen hat. (The Economist, 2. Juli 2016)
Für proletarischen Internationalismus
Nur wenige haben die einzig mögliche Klassenposition vertreten, indem sie für den Boykott des Referendums aufgerufen haben, zum Kampf für den Sturz der Kapitalistenregierung in Großbritannien, für die Perspektive der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der bürgerliche Staat mit seinen Armeen und Zollgrenzen die stärkste Bremse in der Entwicklung der Produktivkräfte, die eine sehr viel ausgedehntere Arena fordern. Ein Sozialist, der heute für die Verteidigung des „Vaterlandes“ eintritt, spielt dieselbe reaktionäre Rolle wie die Bauern der Vendée, die zur Verteidigung des feudalen Regimes, d.h. ihrer eigenen Ketten stürmten. (Manifest der IV. Internationale, Mai 1940)
Im Gegenteil, auch über Großbritannien hinaus sind etliche Organisationen in den Nationalismus abgeglitten oder haben weitere Schritte in diese Richtung gemacht, die sie schon länger verteidigen. So die KKE in Griechenland, Die Linke in Deutschland, Mélenchon in Frankreich, ehemaliger Minister und Gründer der Parti de Gauche, großer Verteidiger der „Nation“, deren Feind nicht die französische Bourgeoisie, sondern Deutschland ist, und der nicht nur den Brexit begrüßte, sondern auch am 5. Juli 2016 im Europäischen Parlament die “Entsendearbeiter, die den einheimischen Arbeitern das Brot stehlen”, attackierte.
„Der Arbeiter hat kein Vaterland“ – das bedeutet, daß a) seine ökonomische Lage (le salariat) nicht national, sondern international ist; b) sein Klassenfeind international ist;c) die Bedingungen für seine Befreiung gleichfalls; daß d) die internationale Einheit der Arbeiter wichtiger ist als die nationale. (Lenin, Brief an Inessa Armand, 20. November 1916, LW Bd. 35)
Die meisten Revisionisten des Trotzkismus (die Morenisten, Cliffisten, Lambertisten, Robertsonisten, die Taffisten, etc.), die sich angewöhnt haben, dem Stalinismus nachzulaufen oder von ihm beeinflusst sind, haben dem Brexit applaudiert. Die britischen Arbeiter haben vom Brexit nicht nur keine Verbesserung ihrer Lage zu erwarten, sondern müssen sogar das Gegenteil befürchten. Vor allem haben sie durch größte Verwirrung ihre Klassenunabhängigkeit verloren, was der Bourgeoisie zusätzliche Waffen in die Hand gibt. Darüber hinaus startete die Rechte in der Labour Party (Arbeiterpartei) unverzüglich mit Hilfe der bürgerlichen Medien eine neue Offensive gegen Corbyn,
Mittlerweile zerfleischt sich Labour selbst. Am 28. Juni verlor Mr. Corbyn mit 172 zu 40 eine Vertrauensabstimmung unter den Labourabgeordeten. Seine Rolle als Parteiführer wird nun herausgefordert. (The Economist, 2. Juli 2016)
Das Ergebnis des britischen Referendums ist Teil der starken Zunahme der fremdenfeindlichen oder faschistischen Parteien wie der FPÖ in Österreich, der FN in Frankreich, der AfD in Deutschland Jobbik in Ungarn, der PVV in Holland, der XA in Griechenland, der PIS in Polen, usw. Seit 24. Juni jubelte Le Pen (FN) :„Brexit,und jetzt Frankreich!“
Frau Le Pen denkt, dass ihr diese nationalistische Stimmung helfen wird, die Präsidentschaftswahl im nächsten Frühjahr zu gewinnen. (The Economist,2. Juli 2016)
Es sind die „demokratischen“ Regierungen selbst, die den Kapitalisten freie Hand bei Entlassungen geben, die Steuern der Bosse und Reichen senken, Sozialleistungen einschränken, den Nahen Osten bombardieren, Europa verbarrikadieren und Flüchtlinge an den Toren der EU sterben lassen, die Fremdenfeindlichkeit und Rassismus fördern, die also der Reaktion Treibstoff liefern. Dieser Chauvinismus ist überall an der Arbeit. Was soll man zum republikanischen Kandidaten Trump in den USA sagen, der den Protektionismus befürwortet, die Abschiebung aller Einwanderer aus Ländern, die vom US-Imperialismus zerstört wurden und die Errichtung einer Betonwand von Tausenden Kilometern an der mexikanischen Grenze verspricht …
Dieser Nationalismus ist ein grundlegender Ausdruck der historischen Sackgasse der kapitalistischen Produktionsweise in der imperialistischen Phase: im Widerspruch zu den Interessen der wichtigsten Sektoren der Bourgeoisie in den kapitalistischen Ländern, die, so gut sie können, auf den ungehinderten Fluss von Waren und Kapital drängen, wird das Privateigentum an den Produktionsmitteln und die ständig zunehmende Konzentration des produktiven-, des Handels- und Bankkapitals, die zunehmende Konkurrenz der Bourgeoisien untereinander und die Beherrschung der Welt durch eine Handvoll imperialistischen Mächte mehr und mehr zum Hindernis nicht nur für das Kapital selbst, sondern für die Entwicklung der gesamten Menschheit.
Alle imperialistischen Bourgeoisien haben die Globalisierung mitgemacht, alle kapitalistischen Konzerne träumen von der Öffnung aller Grenzen für ihr Kapital und ihre Waren, aber die dem Kapitalismus eigenen Gesetze machen diese Bemühungen zunichte, alle Konzerne fordern Hilfe durch ihren Staat gegen die anderen, alle Staaten in ihrem Dienst streiten um die Vorherrschaft über den Planeten. Es ist der Alptraum der Konfrontation zwischen den Nationen, der wieder an die Oberfläche drängt. Der Kapitalismus im imperialistischen Stadium, das ist die organisierte Konkurrenz zwischen den Arbeiterinnen und Arbeitern aus verschiedenen Ländern und innerhalb der einzelnen Länder selbst.
Daher brauchen wir eine internationalistische Partei. Diese kann nicht aufgebaut werden, wenn wir der Labour Party und den Gewerkschaften den Rücken kehren. Aber die Labour Party kann die revolutionäre Arbeiterpartei nicht ersetzen, weil sie seit ihrer Geburt eine „bürgerliche Arbeiterpartei“ ist: “ArbeiterInnenpartei” durch ihre Wurzeln in der Gewerkschaft und ihre ursprüngliche werktätige Wählerbasis, “bürgerlich” durch ihr Programm und ihren parlamentarischen Kretinismus.
Der besitzenden Klasse eröffnen sich große Möglichkeiten der Staatsobstruktion, der gesetzlichen und administrativen Sabotage, denn, gleichgültig, wie die Parlamentsmehrheit beschaffen ist, der ganze Staatsapparat ist in jeder Beziehung aufs engste mit der Bourgeoisie verbunden. Außerdem stehen ihr noch zur Verfügung: die gesamte Presse, die wichtigsten Organe der Selbstverwaltung, die Universitäten und Schulen, die Kirche, die zahllosen Klubs und sonstige freiwillige Verbände. Zu ihrer Verfügung stehen die Banken und das ganze System des gesellschaftlichen Kredits, endlich der Transport- und Handelsapparat, so dass der Unterhalt Londons einschließlich der Arbeiterregierung von den großen kapitalistischen Vereinigungen abhängig ist. (Leo Trotzki, Wohin treibt England ?, 1925, Kap. 5)
Keine sozialreformerische Politik konnte oder wollte irgendeine Aussicht auf eine nachhaltige Verbesserung der Situation der Arbeiterinnen und Arbeiter bieten, geschweige denn das Kapital selbst angreifen. Stattdessen haben die Reformisten ihren Bankrott dadurch bewiesen, dass sie eifrige Erfüllungsgehilfen der Wünsche ihrer Bourgeoisie waren. Die Massen, die die Schläge der bürgerlichen Parteien an der Macht einstecken mussten, haben genauso die Nase von den bürgerlichen Arbeiterparteien voll, wenn diese die offen bürgerliche Regierung abgelöst haben. Mangels einer revolutionären Organisation, welche die Perspektive einer Machtergreifung durch die Arbeiterklasse, den Sozialismus, den Internationalismus bietet, sind es die reaktionärsten bürgerlichen Strömungen, die punkten können. Genau aus diesem Grund ist eine richtige Orientierung in der Frage des Brexit so wichtig: Der Aufbau einer revolutionären Arbeiterinternationale!
Wenn die Massen begreifen, wie lange man sie betrogen hat, machen sie Revolution (Leo Trotzki, Wohin treibt England ?, 1925, Kap. 4)
22 Juli 2016
Internationales Büro des Kollektivs Permanente Revolution (Frankreich/Österreich/Peru)
Marxistisch-Leninistische Tendenz (Brasilien)