Die abgewirtschaftete Bourgeoisie sucht nach Sündenböcken
Mit den weltweiten Wirtschaftskrisen im ausgehenden 20. Jahrhundert und dem Wiederaufleben der Massenarbeitslosigkeit haben sich in den imperialistischen Zentren die verschwörungstheoretischen, nationalistischen und rassistischen Tendenzen erheblich verstärkt. Tendenzen, die auf die eine oder andere Weise das Fremde als Sündenbock und Schuldigen für die Verschlechterung der Lage hinstellen: „chinesischer Virus“, „kosmopolitische Finanz“, „Europa“, Einwanderer, Muslime …- Die „demokratischen“ Parteien der Bourgeoisie: RP in den USA, CP in Großbritannien, CDU-CSU in Deutschland, LR in Frankreich, PiS in Polen, FIDESZ-MPP in Ungarn, PP in Spanien, ÖVP in Österreich … sind noch nationalistischer und reaktionärer geworden;
- Fremdenfeindliche bürgerliche Parteien: Vox in Spanien, Liga in Italien, RN in Frankreich, Reform UK (ehemals UKIP) in Großbritannien, FPÖ in Österreich, PVV in den Niederlanden, AfD in Deutschland, NVA in Belgien … sind rechts von ihnen aufgetaucht;
- Faschistische Gruppen greifen erneut Migrant*innen, Minderheiten und Arbeiter*innenorganisationen in den USA und in Europa an.
Der größte Teil der Menschen, die durch Umweltkatastrophen, Dürre, Krieg, Hunger, Verfolgung und Elend vertrieben wurden, zieht in andere Regionen ihres Staates oder in einen benachbarten Staat, der oft selbst unterentwickelt ist.
Beispielsweise ist die Mehrheit der aus Birma geflüchteten Rohingya nach Bangladesch geflohen, die meisten Vertriebenen aus der DR Kongo blieben im Land, der Großteil der arabischen und kurdischen Geflüchteten aus Syrien hält sich nach wie vor in Syrien auf oder sie sind nach Jordanien, in den Libanon oder die Türkei geflohen, die Mehrzahl der Emigrant*innen aus Kolumbien und Venezuela lebt in Lateinamerika,viele äthiopische Staatsangehörige ziehen derzeit nach Eritrea und in den Sudan weiter. Eine Minderheitversucht ihr Glück, indem sie versucht, in die imperialistischen Zentren zu gelangen, manchmal, um bei Verwandten unterzukommen
Jeden Monat sterben in der Wüste im Süden der USA, in den Wäldern Zentraleuropas, in der Karibik, im Ärmelkanal, im Atlantik vor den Kanaren und vor allem im Mittelmeer Geflüchtete, die Opfer von Kriegen sind, die von den Großmächten oder ihren Verbündeten verursacht oder betrieben werden. Es sterben Arbeiter*innen, die durch die vom globalen Kapitalismus verursachte Zerstörung ihrer traditionellen Lebensgrundlagen und die Plünderung ihrer natürlichen Ressourcen verarmt sind.
Die Europäische Union und Großbritannien treten demokratische Prinzipien mit Füßen
Das Kapital zirkuliert ungehidert. Großkapitalist*innen aller Nationalitäten, die mit Jachten und Privatjets unterwegs sind, werden überall mit offenen Armen empfangen.Im Gegensatz dazu schränken die meisten Staaten, selbst diejenigen, die sich als demokratisch bezeichnen, die Bewegungsfreiheit von Ausländer*innen ein, wenn diese arm sind. Sie werfen sie in Internierungslager, obwohl sie nichts Falsches gemacht haben. Sie errichten Stacheldraht und Mauern. Andere Staaten benutzen Migrant*innen als Druckmittel, um Sanktionen aufzuheben (Weißrussland), ein Gebiet zu kontrollieren (Marokko) oder Geld zu bekommen (Türkei). Zu den zahlreichen nationalen Armeen, Polizei- und Zollbehörden fügte die Europäische Union 2004 mit Frontex eine Truppe hinzu, die speziell für die Zurückweisung von Migrant*innen konzipiert wurde. Macron, der sich auf die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft vorbereitet, fordert, den Schengen-Raum einzuschränken und Frontex zu stärken, damit „Europa seine Grenzen zu schützen weiß“, also um Migrant*innen den Zugang besser verwehren zu können. Derzeit lassen das Vereinigte Königreich und Frankreich, die sich um die Fischgründe streiten, die Menschen, die den Ärmelkanal überqueren wollen, sterben. Macron schickt die Polizei los, um die Lager der Migrant*innen zu zerstören, während Johnson das noch restriktivere Gesetz „Nationalität und Grenzen“ (Nationality and Borders Bill, 13. Dezember) verabschieden lässt.
Am 24. November benutzten Migrant*innen ihre Telefone, um Hilfe zu rufen, als ihr Schlauchboot zu sinken drohte… In einem am 29. November veröffentlichten Video erklärt einer der beiden Überlebenden, Mohammed Shekha Ahmad aus dem irakischen Kurdistan: „Wir haben die französische Polizei angerufen und unseren Standort gesendet. Sie sagten uns: Ihr seid in britischen Gewässern, ruft die Briten an. Wir riefen die Briten an, sie sagten uns, wir sollten die Franzosen anrufen“ (Independent, 29. November; Le Monde, 10. Dezember). Vergeblich, 27 Menschen starben.
Die französische Regierung unter Macron-Castex beschuldigte daraufhin die Schlepper*innen, die Regierung Johnson hingegen beschuldigte den französischen Staat die Überfahrten nicht zu verhindern. Tatsächlich ist der Beruf des Schleppers/der Schlepperin ein Produkt dieser Migrationspolitik und der damit einhergehenden Verschärfung der staatlichen Kontrollen. Das Überschreiten der Grenzen wird dadurch immer lebensgefährlicher.
Ob hier oder anderswo geboren – eine einzige Arbeiter*innenklasse!
Angesichts der wachsenden staatlichen Repression, die Migration nicht verhindert, sondern in jedem Land die Arbeiter*innenklasse spaltet und schwächt, ist es die Verantwortung der Parteien, die aus der Arbeiter*innenklasse hervorgegangen sind und der Gewerkschaften, für die Einheit des Proletariats zu kämpfen, ob Staatsangehörige oder Ausländer*innen, mit oder ohne Papiere, unabhängig vom Glauben.- Aufenthaltstitel für alle Geflüchteten, ausländischen Werktätigen und Studierenden, die sich dauerhaft in einem Land aufhalten!
- Gleiche Rechte für alle Arbeiter*innen, die sich in einem Land aufhalten!
- Sofortige Schließung aller Abschiebegefängnisse für Ausländer*innen
- Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit für Geflüchtete, Arbeiter*innen und Studierende, wo immer sie wollen!