Schluss mit der polizeilichen Repression und der Drohung mit einer Militärintervention

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Hongkong, zuerst britische Kolonie, dann „Sonderverwaltungszone“ des imperialistischen China

Der englische Staat besetzte Hongkong während des Ersten Opiumkriegs, zwischen 1839 und 1842. Mit dem Vertrag von Nanjing übertrug China die Stadt offiziell an das Vereinigte Königreich.

Auf der Halbinsel Hongkong leben 7,4 Millionen Menschen. Als ehemalige englische Kolonie wurde sie schon vor der Rückübergabe 1997 eine Industrie-, Handels- und Börsen-Megacity. Der chinesische Staat integrierte die Enklave Hongkong 1997 erfolgreich, weil er nach der Niederschlagung der Jugendrevolte 1989 und der Entscheidung der chinesischen Regierung von 1992, den Kapitalismus wiederherzustellen (unter Beibehaltung einer Einheitspartei, um einen Zusammenbruch wie jenen der UdSSR zu verhindern) selbst kapitalistisch geworden war. Sie spielte eine bedeutende Rolle bei der Restaurierung des Kapitalismus durch die stalinistische Bürokratie. Einerseits beeinflusste ihre Existenz diese Entscheidung, andererseits diente sie wie Singapur, das eigenständig blieb, als Plattform für ausländische Investitionen auf dem Kontinent (oft von chinesischen Kapitalisten aus Hongkong, Taiwan und anderen Diasporakapitalisten), zunächst in den „Sonderwirtschaftszonen“ und dann am „Arbeitsmarkt“ der gesamten VR China.

Trotz der Revolution von 1949 und der Enteignung von Kapital und großem Landbesitz nach dem Koreakrieg haben die Arbeiter_innen China nie regiert. Das Land blieb in den Händen der stalinistischen Bürokratie.

Die massive Produktion von Waren und die Umwandlung von Arbeitskräften in Ware sind die Merkmale des Kapitalismus. Die chinesische Produktion konzentriert sich nun auf den Tauschwert. Die Produzenten verkaufen jetzt ihre Arbeitskräfte und fürchten die Arbeitslosigkeit. Nationale Unterdrückung und die Existenz von „Monopolen“ sind die Merkmale eines imperialistischen Staates. Das heutige China beherbergt drei große Börsen (Hongkong,Shenzhen und Shanghai) und viele internationale kapitalistische Unternehmen, die stark im Ausland investiert haben. Die VR China hält ganze Völker gewaltsam innerhalb ihrer Grenzen gefangen: Tibeter, Uiguren. Die Armee entwickelt ihre Kapazitäten zu militärischen Interventionen und verfügt über eine Militärbasis in Afrika. Die VR China ist daher durch und durch kapitalistisch und imperialistisch.

Politisch hebt sich Hongkong deutlich vom Rest Chinas ab, weil die Bevölkerung einige demokratische Rechte genießt, welche das Erbe von Konzessionen sind, die Großbritannien spät in der Geschichte abgerungen wurden, während Xi Jinping eine bleierne Decke über den Kontinent gebreitet hat. Die Bevölkerung umfasst zahlreiche Flüchtlinge vom Kontinent, darunter ehemalige „Rote Garden“ der „Kulturrevolution“, die von Mao Zedong ins Leben gerufen und dann gewaltsam unterdrückt wurden, und Demonstranten von 1989, die von der maoistischen Bürokratie verfolgt wurden. Derzeit verfügt China in Hongkong im Rahmen der Abkommen von 1997 über fast 6.000 Soldaten, die dort stationiert sind.

Die Revolte der Regenschirme 2014

Im Jahr 2014 wurde Hongkong 74 Tage lang von einer mächtigen sozialen Bewegung erschüttert. Demonstrierende Schüler_innen und Studierende, die meist mit Regenschirmen ausgestattet waren, um sich vor Tränengas zu schützen – daher der Name der „Regenschirmbewegung“ – erhoben sich dann gegen die Absicht der Zentralregierung in Peking, sich noch mehr in die Ernennung des Chief Executive (Regierungschefs)  Hongkongs einzumischen, der derzeit von einem undemokratischen Wahlkollegium indirekt gewählt wird. 

Die Besetzung ganzer Stadtteile jedes Wochenende war massiv und beliebt und zeigte, dass viele Arbeiter bereit waren, die junge Leute zu schützen und sich dafür zu mobilisieren. Die Konvergenz von studierender Jugend und des Proletariats von Hongkong hätte freie Wahlen, einen Sieg über den Gouverneur und die Zentralregierung bewirken und den Weg für eine sozialistische Revolution in ganz China ebnen können.

Aber der Sprecher des Hongkonger Studentenverbandes, Alex Chow, weigerte sich, die Gewerkschaften zu einem Generalstreik aufzurufen und wandte sich stattdessen an den Gouverneur. Der zweitgrößte Gewerkschaftsbund (Hongkonger Gewerkschaftsbund) war gezwungen, sich solidarisch zu zeigen, was sich auf einen 24-Stunden-Streik-Aktionstag beschränkte – das Sicherheitsventil aller Gewerkschaftsbürokratien der Welt. Unterdessen unterstützte die Bürokratie der wichtigsten Gewerkschaftsorganisation (Hong Kong Federation of Trade Unions), die mit der Pekinger Regierung verbunden war, die Unterdrückung der lokalen Polizei gegen Studenten und Gymnasiasten.

Der Plan der Regierung wird schließlich fallengelassen, so dass die Situation aus Sicht der politischen Reformen unverändert bleibt. Im März 2017 wurde Carrie Lam, eine leitende Beamtin, vom Wahlkollegium mit Zustimmung Beijings zum Chief Executive Officer der Sonderverwaltungsregion gewählt und erhielt 777 von 1.194 Stimmen Wahlmännerstimmen.

Die Massen widersetzen sich den Behörden Hongkongs und der KPCh

Die chinesischen Geheimdienste verzichten nicht auf die Entführung und Isolationshaft von Aktivisten, Buchhändlern, Anwälten und sogar von Konzernchefs, die in Xis Visier geraten sind. Aber das reicht dem despotischen Regime nicht. Anfang Februar 2019 will die Regierung gerichtliche Auslieferungen zulassen. Die meisten Hongkonger sehen es als eine Chance für Peking, ehemalige oder neue Gegner auf dem Kontinent vor Gericht zu stellen. Am 31. März fand in Hongkong eine erste Demonstration mit 10.000 Menschen statt, am 28. April waren es 100.000. Jedes Mal hält Carrie Lam an dem geänderten Gesetz fest und bekräftigt seine Beschlussfassung vor dem Sommer.

Am Sonntag, den 9. Juni, zieht eine Demonstration von einer Million Menschen durch Hongkong und marschierte zum Legislativrat. Die Demonstranten fordern die Aufhebung des Gesetzes über die Auslieferung an China, das am 12. Juni in zweiter Lesung verabschiedet werden soll. Am Abend des 9. Juni begannen die Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Polizisten. Am 12. Juni fand am Morgen vor dem Legislativrat eine neue Massenkundgebung statt, die Polizei benutzte Gummigeschosse und verwundete mehrere Demonstranten, von denen einige versuchten, ins Parlament zu kommen. Ermutigt durch diesen ersten Erfolg und bestürzt vom Unfalltod eines Demonstranten, der von einem Gerüst fiel, waren es am 16. Juni zwei Millionen. Trotz der Aussetzung des Projekts am 15. Juni haben die Demonstranten die Waffen nicht gestreckt. Am 1. Juli, einem Feier- und Gedenktag an die Übergabe an China, gibt es wieder eine große Demonstration mit mehr als 500.000 Teilnehmer_innen. Ein entschlossener Flügel der Demonstrant_innen steuerte auf den Legislativrat zu, drang ins Parlament ein und plünderte es, wobei Symbole der Volksrepublik zerstört und auf provokative Weise eine Flagge aus der britischen Kolonialzeit entrollt wurde.

Carrie Lam versuchte die Lage zu beruhigen und kündigte die Aussetzung der Vorlage an. Nach diesen Ereignissen gehen die Demonstrationen weiter und prägen den Alltag Hongkongs durch abendliche Kundgebungen und Demonstrationen an den Wochenenden.

Die Demonstranten fordern nun neben der Rücknahme des Gesetzesentwurfs und dem Rücktritt der Regierungschefin eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt, die Einstellung der Strafverfolgung von Personen, die wegen Unruhen angeklagt wurden (Strafdrohung von 10 Jahren Gefängnis) und von verhafteten Demonstranten, allgemeine Wahlen. Der Slogan „Befreit Hong Kong, die Zeit der Revolution ist angebrochen“ wird bei jeder Versammlung skandiert.

Aber jenseits dieser legitimen Forderungen fehlt es an einer breiteren politischen Perspektive, die die Bewegung mit dem früheren und gegenwärtigen Kampf der Arbeiter_innen und Jugendlichen in ganz China verbinden würde. Tatsächlich stehen die demokratischen Freiheiten der Bevölkerung in direktem Gegensatz zum Einparteienregime der chinesischen imperialistischen Bourgeoisie.

Die Pekinger Regierung droht, Carrie Lam unterdrückt

Am 21. Juli griffen Mafiamitglieder, die den Triaden (die bereits vor der chinesischen Revolution Helfershelfer der chinesische Bourgeoisie und der Guomindang waren) angehören brutal Demonstran innen an, die mit der U-Bahn nach Hause zurückkehren wollten, ohne dass die Polizei intervenierte. Das facht den Proteststurm und das Misstrauen gegenüber der Lokal- und Zentralregierung an. Eine Polizeistation wurde kurze Zeit belagert, Bambusbarrikaden im Stadtzentrum errichtet, Ziegel und Molotow-Cocktails gegen die Polizei geschleudert. Außerdem wurden chinesische Flaggen in den Hafen geworfen. Die chinesische Regierung stellt die Demonstranten als „eine Handvoll vom Westen manipulierter Randalierer“ dar und spielt auf der Klaviatur des Nationalismus und der direkten Drohung: Das von Beijing kontrollierte Fernsehen zeigt Bilder von 12.000 Polizisten, die mit Hubschraubern ausgestattet waren, und die in der Provinz Guangdong vor den Toren Hongkongs ausgebildet wurden, sowie Bilder von Soldaten auf dem Weg nach Hongkong. Die Bewohner Hongkongs ignorierten diese Drohungen und demonstrierten Anfang August unter der Parole „Freies Hongkong“. Es ist spürbar, dass die Arbeiter den Kampf um den Sturz der herrschenden Macht führen können:

Die Überraschung kam aus Wong Tai Sin, einem Arbeiterviertel weiter im Norden, wo die Demonstranten am Samstagabend, dem 3. August, auch mit der Polizei aneinander gerieten. Kurz nach Mitternacht, als die Polizei versuchte, Verhaftungen vorzunehmen, kamen mehr als 100 Anwohner, um die Demonstranten zu unterstützen und zwangen die Polizei zum Rückzug. (Le Monde, 3. August)

Am 4. August versprach Lam, dass „die Regierung bei der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung standhaft sein wird“. 

Der Generalstreik vom 5. August

Am 5. August riefen die Führer der Bewegung zu einem Generalstreik auf. Ein Gewerkschaftsverband unternimmt alles, um zu verhindern, dass die Arbeiter_innen zu den Jugendlichen stoßen; der andere Gewerkschaftsverband beschränkt sich auf einen 24-stündigen Aktionstag.

Die Hong Kong Confederation of Trade Unions, eine prodemokratische Gewerkschaftsgruppe mit 160.000 Mitgliedern, forderte die Arbeiter zum Streik am Montag auf, während die Hong Kong Federation of Trade Unions, eine pro Peking-Gruppe, die Arbeiter, insbesondere die im Transportwesen Beschäftigten, aufforderte, wie gewohnt zu arbeiten, um eine Lähmung der Stadt zu verhindern. (New York Times, 5. August)

Die Arbeitsniederlegung trifft vor allem  den Verkehr, den öffentlichen Dienst, die Flughäfen und Banken. Dies ist in der Tat das erste Mal, dass Hongkong einen so mächtigen Generalstreik der Arbeiter_innen erlebt. Die Schläger der Triaden versuchten, Demonstrationszüge anzugreifen, aber diesmal drängten die mit Stöcken bewaffneten Demonstranten sie mit Gewalt zurück. Die Polizei hat verstärkt Gummigeschosse und Gas eingesetzt und dabei mehr als 100 Personen festgenommen, d.h. mehr als 420 Demonstranten in den letzten zwei Monaten.

In Beijing erklärt der Vertreter des Büros für die Angelegenheiten von Hongkong und Macao:

China wird nicht nachgiebig gegenüber jenen sein, die gegen das Gesetz verstoßen. Unterschätzen Sie niemals die starke Entschlossenheit und die immense Macht der Zentralregierung. (….) Wer mit Feuer spielt, wird sich tödlich verbrennen. (Yang Guang, 6. August)

Gleichzeitig bremsten die liberalen bürgerlichen Parteien und der christliche Klerus der Halbinsel die Bewegung und versuchten, sie auf reinen Druck auf Lam zu beschränken.

Im emblematischen Outfit des Protestes, einem schwarzen T-Shirt und einem gelben Bauarbeiterhelm, präsentierten zwei junge Männer und eine junge Frau mit Masken diese erste formelle Presseerklärung. „Wir fordern die Regierung auf, die Macht dem Volk zurückzugeben und auf die Forderungen der Bürger Hongkongs zu reagieren“, sagten sie und versicherten, dass niemand von ihnen im Namen einer politischen Bewegung oder Partei sprach. (AFP, 6. August)

Die Arbeiter_innen müssen sich an die Spitze der Bewegung stellen!

Die Arbeiter_innen sind stärker präsent als 2014. Um aus diesem Kampf siegreich hervorzugehen, muss sich die Arbeiter_innenklasse an die Spitze der Bewegung stellen und sich mit dem Proletariat des gesamten Kontinents zusammenschließen. Die Bewegung muss die demokratischen Losungen und soziale Forderungen erweitern und auf ganz China ausdehnen, um nicht in die Falle eines nostalgischen Separatismus der koloniamlen Unterdrückung zu gehen. 

Das ist es, was die Regierung von Xi Jinping am meisten befürchtet, welche auf  die Spaltung zwischen dem Volk von Hongkong und dem Rest Chinas sowie die Angst vor ausländischer Manipulation zu einem Zeitpunkt setzt, da die Vereinigten Staaten einen Handelskrieg gegen den rivalisierenden Imperialismus führen. Währenddessen fordert Trump die Demonstranten auf, friedlich zu bleiben.

Um eine revolutionäre Arbeiterpartei aufzubauen, die in der Lage ist, den Kampf zu führen, müssen sich die klassenkämpferischen  und marxistischen Kerne zusammenschließen und die Frage der Macht in ganz China aufwerfen und ihre Händen den Arbeiter_innen Japans, Koreas usw.  reichen.

  • Generalstreik bis zur Aufhebung des Auslieferungsgesetzes!
  • Freilassung aller politischen Gefangenen! Keine Verfolgung der Demonstranten!
  • Ordner-  und Selbstverteidigungsdienste bei Demonstrationen und Streiks!
  • Aktions-  und Streikkomitees in Stadtteilen und Betrieben! Wahl von Delegierten und Zentralisierung dieser Ausschüsse zu einem Zentralkomitee des Kampfes!
  • Ausweitung der demokratischen Rechte auf ganz China! Recht auf die Gründung von Gewerkschaften und Arbeiter_innenparteien! Streik- und Demonstrationsrecht! Für das Recht der nationalen Minderheiten auf Selbstbestimmung!
  • Lohnerhöhungen und Arbeitszeitverkürzung, Enteignung der kapitalistischen Konzerne! Menschenwürdiger Wohnraum für alle!
  • Nieder mit der Regierung Xi Jinpings und seiner Marionette Lam! Auflösung des „Wahlkollegiums“ und Beseitigung der Funktion des „Chief Executive Officer“! Jederzeitige Abwählbarkeit der Abgeordneten und Bezahlung der Abgeordneten am Niveau des durchschnittlichen Arbeiter_innenlohns!
  • Arbeiter- und Bauernregierung von Hongkong bis Bejing! Vereinigte sozialistische Staaten von Asien!

Kollektiv Permanente Revolution (CoReP)

(Deutschland, Frankreich, Kanada, Österreich, Türkei)